Blumenmotive



Im Garten

Ich poch' an deine Türe,
Feinliebchen, tritt heraus,
Und was da blüht und duftet,
Komm, bind es mir zum Strauß.

Narzissen und Reseden,
Und Flieder sei darin,
Und Veilchen blau und Tulpen,
Und duftender Jasmin.

Nimm alles, nur nicht Rosen,
Und das aus gutem Grund,
Die pflück' ich von deinen Wangen,
Die pflück' ich von deinem Mund!

Friedrich Halm


Bessrer Rat

Mit des Apfels Rosenblüte
Schmück die Hüte -
"Ei, ich dächte gar!
Sollten wir die Früchte rauben?
Veilchen und Narzissen lauben
Sich nicht minder schön ins Haar!"

Seht nur, wie die Mädchen trinken,
Zipp, wie Finken -
"Ei, ich dächte gar!
Jede die das Glas nicht leeret,
Und des Nachbars Küssen wehret,
Trägt den Brautkranz nie im Haar!"

Friedrich Kind


Nelken

Ich wand ein Sträußlein morgens früh,
Das ich der Liebsten schickte;
Nicht ließ ich sagen ihr von wem,
Und wer die Blume pflückte.

Doch als ich abends kam zum Tanz
Und tat verstohlen und sachte,
Da trug sie die Nelken am Busenlatz
Und schaute mich an und lachte.

Theodor Storm


Könnt ich die schönsten Sträuße winden

Könnt ich die schönsten Sträuße winden,
Dir wünscht ich dennoch schönern Strauß;
Könnt ich die schönsten Lieder finden,
Sie sprächen doch mein Herz nicht aus.

Was auch aus freier Brust wir reden,
Ein Tiefstempfundnes sagt sich nicht,
Es gibt ein reiches Blumeneden,
Aus dem man keine Sträuße bricht.

O nimm zum Strauß, den ich gebrochen,
Zum Worte, das umsonst sich müht,
Was ungepflückt, unausgesprochen
In meiner Seele dir erblüht.

Peter Cornelius


Lied

Komm, wir wollen Erdbeern pflücken,
Ist es doch nicht weit zum Wald,
Wollen junge Rosen brechen,
Sie verwelken ja so bald!

Droben jene Wetterwolke,
Die dich ängstigt, fürcht dich nicht;
Nein, sie ist mir sehr willkommen,
Denn die Mittagssonne sticht.

All die sengend heißen Strahlen,
Die uns drohen, löscht sie aus,
Und wenn sie sich selbst entladen,
Sind wir lange schon zu Haus.

Tändelnd flecht ich dann die Rosen
In dein dunkelbraunes Haar,
Und du bietest Beer um Beere
Meinen durstgen Lippen dar.

Friedrich Hebbel


Der Blumenstrauß

Wenn Sträuchen, Blumen manche Deutung eigen,
Wenn in den Rosen Liebe sich entzündet,
Vergißmeinnicht im Namen schon sich kündet,
Lorbeere Ruhm, Zypressen Trauer zeigen;

Wenn, wo die andern Zeichen alle schweigen,
Man doch in Farben zarten Sinn ergründet.
Wenn Stolz und Neid dem Gelben sich verbündet,
Wenn Hoffnung flattert in den grünen Zweigen:

So brach ich wohl mit Grund in meinem Garten
Die Blumen aller Farben, aller Arten
Und bring' sie dir, zu wildem Strauß gereihet.

Dir ist ja meine Lust, mein Hoffen, Leiden,
Mein Lieben, meine Treu', mein Ruhm, mein Neiden,
Dir ist mein Leben, dir mein Tod geweihet.

Ludwig Uhland


O trockne diese Träne nicht

O trockne diese Träne nicht,
Die dir im Auge schimmert,
Der Perle gleich, die rein und licht
Im Kelch der Rose flimmert!
Die Liebe war's, die sie gebar,
Der selge Schmerz der Liebe;
Drum schimmert sie so wunderbar -
Ach, dass sie ewig bliebe!

Sie glänzt so rein, sie glänzt so hell,
Mich rührt ihr flüchtig Leben;
Ach, dass, was aus so heilgem Quell
Geflossen, muss verschweben,
Dass, was der reinsten Seele Schacht
Entblühte, schmerzumwittert,
Mit seines Glanzes Wunderpracht
Verschwindet und verzittert.

Sie glänzt so rein, sie glänzt so klar
In deinem Aug, dem blauen,
Und immer lockt mich's wunderbar,
In ihren Glanz zu schauen.
Du schonst der Perle sonst, die licht
Im Kelch der Rose flimmert -
O trockne diese Träne nicht,
Die dir im Auge schimmert!

Robert Hamerling


Nur zu!

Schön prangt im Silbertau die junge Rose,
Den ihr der Morgen in den Busen rollte,
Sie blüht, als ob sie nie verblühen wollte,
Sie ahnet nichts vom letzten Blumenlose.

Der Adler strebt hinan ins Grenzenlose,
Sein Auge trinkt sich voll von sprühendem Golde;
Er ist der Tor nicht, dass er fragen sollte,
Ob er das Haupt nicht an die Wölbung stoße.

Mag denn der Jugend Blume uns verbleichen,
Noch glänzet sie und reizt unwiderstehlich;
Wer will zu früh so süßem Trug entsagen?

Und Liebe, darf sie nicht dem Adler gleichen?
Doch fürchtet sie; auch fürchten ist ihr selig,
Denn all ihr Glück, was ist's? - ein endlos Wagen!

Eduard Mörike


Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette

Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette,
Der duftete mir zu gar süßen Traum:
Ich lag am Abhang einer Hügelkette,
Und überblüht von Veilchen war der Raum;
So viele wuchsen nie an einer Stätte,
Man sah vor ihrem Blau den Rasen kaum;
Da sprach das Herz: Hier ging mein Lieb, das traute,
Und Veilchen sprossten auf, wohin sie schaute.

Emanuel Geibel


In Dornen ist sie aufgeblüht

In Dornen ist sie aufgeblüht
Die Rose unserer Liebe;
Zu wehren waren wir bemüht
Dem ungestümen Triebe.

Ein Händedruck blieb uns genug
In stillverschwiegner Stunde,
Und jeder Schlag des Herzens schlug
Ihm eine neue Wunde.

Geschieden glaubten wir voll Gram
Für immer unsre Lose,
Und klagten, wenn der Frühling kam,
Für unsres Lebens Rose.

Doch plötzlich hat sich über Nacht
Des Schicksals Schluss gewendet;
Was kaum gehofft und nie gedacht,
Von selbst hat sich's vollendet.

Vorbei die Furcht, die uns gewehrt,
An Dornen uns zu stechen!
Die Rose, die wir lang begehrt,
Wir dürfen jetzt sie brechen.

An deiner Brust, die nichts bereut
Und nichts mehr hat zu klagen,
Darfst offen du und ungescheut
Als Zier die Rose tragen.

In ihrer duftgen Farbenglut
Versenk ich all mein Leiden,
Und wenn mein Herz an meinem ruht,
Dann blüht sie zwischen beiden.

Begraben sei in ewger Nacht,
Was Schlimmes wir erfahren,
O lass uns unsre Rosenpracht
Vor neuen Dornen wahren!

Albert Traeger


Flieder

Stille, träumende Frühlingsnacht ...
Die Sterne am Himmel blinzeln mild,
Breit stand der Mond wie ein silbernes Schild,
In den Zweigen rauschte es sacht.
Arm in Arm und wie in Träumen
Unter duftenden Blütenbäumen
Gingen wir durch die Frühlingsnacht.

Der Flieder duftet berauschend weich;
Ich küsse den Mund dir liebeheiß,
Dicht überhäupten uns blau und weiß
Schimmern die Blätter reich.
Blüten brachst du uns zum Strauße,
Langsam gingen wir nach Hause,
Der Flieder duftete liebeweich ...

Otto Julius Bierbaum


Die Liebe lehrte den Blumen das Wandern

Es kam ein Strauß nach dem andern
Von Juniblumen ins Haus;
Die Liebe lehrte den Blumen das Wandern:
Kleeblüten, die stehen frühmorgens im Tau
Auf grünem Tanzplatz, wo auf den Zehen
Vorsichtig sich wiegt meine Herzensfrau.
Es kam auch ein kleines Bündel Männertreue
Von einfacher schlichter weltferner Bläue.
Die hatte ein Dichter am Weg gesät,
So einer, der fleißig im Äther mäht.
Die Rispen sind blau aus der Höhe gesunken
Und leuchten wie Dichter von Bläue trunken.
Und ein Salbeistrauß von schwermütigem Blau.
So schwerblütig denkt sich der Dichter die Frau,
So würzig und kräftig aufs Erdreich gestellt,
Und überbietet an Bläue den Äther der Welt.

Max Dauthendey


Wohl weiß ich einen Kranz zu winden

Wohl weiß ich einen Kranz zu winden
Aus Blumen, die ich selbst gepflückt -
Wohl auch das rechte Wort zu finden,
Ob ich betrübt bin, ob beglückt.

So lang' ich meiner Sinne Meister,
So lang' ich wie, was mir gefällt,
Gehorchen dienstbar mir die Geister
Der Blumen- und der Feenwelt.

Doch in der heilgen Glut des Kusses,
Im Wunderleuchten des Geschicks,
Im Augenblick des Vollgenusses,
Im Vollgenuß des Augenblicks,

Da fehlen mir zum Lied die Töne,
Gleichwie der Nachtigall der Schlag,
Weil wohl der Mensch das höchste Schöne
Genießen, doch nicht singen mag.

Wer kann die helle Sonne malen
In höchster Glut im Mittagslicht?
Wer nur sie seh'n mit ihren Strahlen
Von Angesicht zu Angesicht?

Friedrich Bodenstedt


Wem Liebe ward zu Eigentume

Wem Liebe ward zu Eigentume,
Dem ward zu eigen die ganze Blume.
Denn Schönheit ist nur Blumenduft,
Gehauchet in die freie Luft
Für alle, für diesen und jenen
Zum Hoffen und Wünschen und Sehnen.
O glücklich, wem zum Eigentume
Mehr ward als nur der Duft der Blume.

Hoffmann von Fallersleben


Wie mit glühendem Verlangen

Wie mit glühendem Verlangen
Diese volle Rose blickt!
Aus den purpurroten Wangen
Liebesküss' und Grüße schickt!

Ja, sie möchte' es allen sagen:
Ach, wer liebt so heiß wie ich!
Möchte jede Blume fragen:
Liebes Blümchen, liebst du mich?

Und von allen Blumen jene
Bleiche Lilie zu ihr spricht:
Wüßtest du, wie ich mich sehne,
Blicktest du nach allen nicht!

Hoffmann von Fallersleben


Du bist wie eine Blume

Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein;
Ich schau dich an, und Wehmut
schleicht mir ins Herz hinein.

Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, dass Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.

Heinrich Heine


Welke Rosen

Weiße Rose, weiße Rosen,
Ach, wie blüht ihr doch so spät,
Längst zu küssen und zu kosen
Nimmermehr dies Herz versteht!

O wie stand es, o wie stand es
Anders in der Maienzeit,
Damals, damals wohl empfand es,
Liebe, deine Seligkeit.

Weiße Rosen, weiße Rosen,
Ach, wie blüht ihr doch so spät,
Längst zu küssen und zu kosen,
Nimmermehr dies Herz versteht.

Martin Greif


Blumengruß

Der Strauß, den ich gepflücket,
Grüße dich viel tausendmal!
Ich habe mich oft gebücket,
Ach, wohl ein tausendmal;
Und ihn an's Herz gedrücket;
Wie hunderttausendmal!

Johann Wolfgang von Goethe


Vorüber ist die Rosenzeit

Vorüber ist die Rosenzeit,
Und Lilien stehn im Feld;
Doch drüber liegt so klar und weit
Das blaue Himmelszelt.

Fahr hin, du qualvoll Lust,
Du rasches Liebesglück.
Du lässest doch in meiner Brust
Ein ruhig Licht zurück.

Und nach dem Drang von Freud und Leid
Deucht mir so schön die Welt;
Vorüber ist die Rosenzeit,
Und Lilien stehn im Feld.

Emanuel Geibel


Das Veilchen

Ein Veilchen auf der Wiese stand
Gebückt in sich und unbekannt;
Es war ein herzigs Veilchen.
Da kam eine junge Schäferin
Mit leichtem Schritt und munterm Sinn
Daher, daher
Die Wiese her, und sang.

Ach! denkt das Veilchen, wär' ich nur
Die schönste Blume der Natur,
Ach, nur ein kleines Weilchen,
Bis mich das Liebchen abgepflückt
Und an dem Busen matt gedrückt!
Ach nur, ach nur
Ein Viertelstündchen lang!

Ach! aber ach! das Mädchen kam
Und nicht in Acht das Veilchen nahm,
Ertrat das arme Veilchen.
Es sank und starb und freut' sich noch:
Und sterb' ich denn, so sterb' ich doch
Durch sie, durch sie,
Zu ihren Füßen doch.

Johann Wolfgang von Goethe


Es liegt dein Haupt auf Lilien

Es liegt dein Haupt auf Lilien,
Auf Rosen schlummerst du,
Ich schleiche hin, und beuge mich,
Du schläfst in holder Ruh.

Ich neige mich und breche still
Die Lilie, die Ros',
Ich küsse sie und lege dann
Sie sanft auf deinen Schoß.

Du lächelst wohl, wenn du erblickst
Die Blumen ausgestreut,
Streckst deine weißen Hände aus,
Und nimmst sie still erfreut.

Doch hör der Rose süßes Wort
Aus vollem Purpurmund,
Neig deine Stirn der Lilie,
Blick in des Kelches Grund.

Die Rose spricht von Liebe viel,
Doch Zeugen, braucht es zwei;
Drum liegt als Zeuge fromm und rein
Die Lilie dabei.

Adolf Pichler


Hyazinthen

Fern hallt Musik; doch hier ist stille Nacht,
Mit Schlummerduft anhauchen mich die Pflanzen;
Ich habe immer, immer dein gedacht;
Ich möchte schlafen, aber du mußt tanzen.

Es hört nicht auf, es rast ohn Unterlaß;
Die Kerzen brennen und die Geigen schreien,
Es teilen und es schließen sich die Reihen,
Und alle glühen; aber du bist blaß.

Und du mußt tanzen; fremde Arme schmiegen
Sich an dein Herz; o leide nicht Gewalt!
Ich seh dein weißes Kleid vorrüberfliegen
Und deine leichte, zärtliche Gestalt. - -

Und süßer strömend quillt der Duft der Nacht
Und träumerischer aus dem Reich der Pflanzen.
Ich habe immer, immer dein gedacht;
Ich möchte schlafen, aber du mußt tanzen.

Theodor Storm